Studie "Ill Communication: Technology, Distraction & Student Performance"

Worum geht es?

Das CEP Discussion Paper Ill Communication: Technology, Distraction & Student Performance (2015) (Biblionetz:t17733) gehört zu den derzeit oft zitierten Studien, die als Beleg für die Schädlichkeit digitaler Medien in der Bildung angeführt werden. Es lohnt sich also, diese Studie genauer anzuschauen.

Bibliographische Angaben und Volltext

Zusammenfassungen

This paper investigates the impact of schools banning mobile phones on student test scores. By surveying schools in four English cities regarding their mobile phone policies and combining it with administrative data, we find that student performance in high stakes exams significantly increases post ban. We use a difference in differences (DID) strategy, exploiting variations in schools’ autonomous decisions to ban these devices, conditioning on a range of student characteristics and prior achievement. Our results indicate that these increases in performance are driven by the lowestachieving students. This suggests that restricting mobile phone use can be a low-cost policy to reduce educational inequalities.
Von den Autoren der Studie

Forscher der »London School of Economics« kommen in einer Studie zu dem Schluss, dass ein Verbot von Mobiltelefonen (also: Smartphones) an Schulen zu besseren Leistungen bei einem Teil der Schülerinnen und Schüler führe. Während man bei leistungsstarken Schülern und Schülerinnen keinen Effekt von Handyverboten feststellen konnte, sei dieser bei leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern enorm gewesen. Im Schnitt verbesserten sich die Leistungen um 6,41%, was in etwa dem Lerneffekt einer zusätzlichen Schulwoche entspreche. Begründet wird das Ergebnis damit, dass das Ergebnis die Vermutung nahelege, dass sich leistungsschwache Schülerinnen und Schüler leichter durch die Verfügbarkeit der Mobiltelefone ablenken ließen, während leistungsstarke Schüler und Schülerinnen sich unabhängig von der Verfügbarkeit von Smartphones im Unterricht konzentrieren können. (»The results suggest that low-achieving students are more likely to be distracted by the presence of mobile phones, while high achievers can focus in the classroom regardless of whether phones are present.« (S. 17) [Hervorhebung TL]) Am Ende wird festgestellt, dass die Ergebnisse der Studie nahelegen, dass ein Verbot von Mobiltelefonen an Schulen ein kostengünstiger Weg sei, um Bildungsungleichheiten zu reduzieren (»banning mobile phones could be a low-cost way for schools to reduce educational inequality.« (S. 17f)).
von Torsten Larbig im Blogposting Handyverbot verbessert Leistungen?

Zitationsgraph dieser Studie (aus dem Biblionetz)

Aussagen dieser Studie

Diskussion dieser Studie

Die Studie erweckt den Eindruck, als könnten leistungsstarke Lerner etwas, was den leistungsschwächeren Lernern fehlt: Konzentration auf das Lernen trotz der Ablenkungspotentiale von Smartphones.

Diese Kompetenz ist erlernt! Wie sie erlernt werden kann, ist die eigentliche Frage, die sich für mich an die Studie anschließt. Und damit verbunden auch die Frage, wie Smartphones bzw. andere digitale Endgeräte, sinnvoll für das Lernen genutzt werden können. Wo haben diese Geräte einen Mehrwert für das Lernen – auch und gerade von Menschen, denen Bildungschancen nicht automatisch als Teil der biographischen Erwartungshaltung des Umfelds mit auf den Weg gegeben wurden?

Kurz: Die Studie bietet ein kurzfristiges Handlungsrezept angesichts eines Phänomens; sie ist aber weder in der Lage, die Gründe für das Phänomen angemessen zu erfassen, noch bietet sie Antworten auf die Frage, wie alle Schülerinnen und Schüler die Kompetenz erwerben können, die die Studie bei leistungsstarken Schülern und Schülerinnen beobachtet, die sich von Smartphones nicht von ihrem Lernprozess ablenken lassen.
von Torsten Larbig im Blogposting Handyverbot verbessert Leistungen?

Solange Handys in der Schule von den Autoren der Studie nur als Ablenkung gesehen werden, deren sinnvolle Integration in den Unterricht aber nicht mit untersucht wird, ist das Studienergebnis nicht besonders relevant: Praktisch alles, was ich in den Unterricht einführe, aber nicht produktiv nutze, wird vermutlich die Lernleistungen senken - das ist mit Papier und Bleistift nicht anders als mit Mobiltelefonen. Interessant wären Studien in Schulen, die Mobiltelefone produktiv in den Unterricht integrieren.
Von Beat Döbeli Honegger, erfasst im Biblionetz am 19.05.2015

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