Delegations-Argument

Prototypische Formulierung

Wenn wir Computer Dinge erledigen lassen, können wir es bald selbst nicht mehr.

Beispiele

Die Mobilität der modernen Gadgets (ver-) führt viele Menschen, nicht nur junge, dazu, sie zu internalisieren und zu einem Ersatz- oder Zusatzorgan werden zu lassen. Ich brauche mein Gedächtnis nicht, ich habe ja Google. Das nährt die zeittypische Abspeichern-und-abrufen-Gesinnung.

von Eduard Kaeser in der Zeitschrift Bildungsbeilage WOZ 2012 (2012) im Text Eine Handvoll Trivialitäten (Biblionetz:t14292)

Wer jetzt noch zweifelt, der überlege einmal kurz: Die Telefonnummern der Verwandten, Freunde und Bekannten sind im Handy gespeichert. Den Weg zum verabredeten Treffen mit ihnen zeigt das Navigationssystem. Die beruflichen und privaten Termine hat man ebenfalls im Handy oder im PDA (dem Personal Digital Assistant). Wer etwas wissen will, der googelt; seine Fotos, Briefe, Mails, Bücher und Musik hat man in der Wolke. Selbst denken, speichern, überlegen – Fehlanzeige.

Quelle: Manfred Spitzer (2012) S.16 (Biblionetz:b04942)

Platons Sorge war, dass etwas, das ausgelagert wird, erstarrt und dann für uns fremd und tot ist. Das lebendige Wissen ist für ihn das, was jederzeit in einem Gespräch, in einer sozialen Situation aktualisiert werden kann. Natürlich sind die enormen Speicher-, Archivierungs- und Recherchemöglichkeiten im Internet großartig, und sie werden viel zu wenig genutzt. Aber ein Körnchen Wahrheit steckt in dieser platonischen Skepsis. Jeder ist heute ständig darauf angewiesen, immer irgendwo nachzuschauen, schnell etwas zu googeln und zu nehmen, was ihm die Algorithmen, denen blind vertraut wird, bieten. Wir haben aber immer weniger im Kopf, und das Wissen hinterlässt auch keine Spuren mehr in unserer Seele.

Konrad Paul Liessmann im Interview, 7.06.2017, Biblionetz:t19533, http://derstandard.at/2000058809898/Philosoph-Liessmann-Wir-haben-immer-weniger-im-Kopf

Verwandte Argumente

Gegenargumente

  • Das mag bei gewissen Gelegenheiten stimmen und ist nicht neu. Die wenigsten von uns können heute noch jagen und Beeren sammeln. Sie sind davon abhängig, dass sie ihre Esswaren kaufen können. Somit müsste man sich fragen, ob es schlimm ist, wenn wir Telefonnummern nicht mehr auswendig können (vor der Erfindung des Telefons konnte man das auch nicht).
  • Eine weitere Frage ist doch, was man mit der "frei gewordenen" Gehirnkapazität macht. Wenn man statt stumpf Dinge auswendig zu lernen, komplexere Überlegungen macht, ist es etwas anderes, als wenn man vor sich hin dümpelt.

Quellen

Diskussion

 

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