ENTWURF: Einige Gedanken zu einem Handyverbot in der Schule

Worum geht es?

Das Thema Handyverbot in der Schule ist fast so alt, wie es Handys gibt. In letzter Zeit haben die entsprechenden Forderungen zugenommen. Hier ein paar noch ungeordnete Gedanken zum Thema.

Grundsätzlich verständliche Forderung

Ein Handyverbot klingt verlockend: Schülerinnen und Schüler sind nicht mehr abgelenkt und die Schule muss sich nicht mehr um entsprechende Probleme kümmern. Unter bestimmten Umständen und im Kontext anderer Massnahmen kann ein Handyverbot in den Pausen und/oder im Unterricht durchaus sinnvoll sein.

Ein Handyverbot alleine ist aber meist problematisch und nicht zielführend:
  • Schülerinnen und Schüler müssen lernen, auch ausserhalb der Schule mit dem Ablenkungs- und Suchtpotenzial umzugehen: Nur weil die Geräte nicht mehr in der Schule sind, heisst das nicht, dass das nicht trotzdem im Unterricht behandelt werden müsste.
  • Schülerinnen und Schüler benötigen im Unterricht zu digitalen Medien und Unterricht. Sind Handys verboten, muss beispielsweise mit einer 1:1-Ausstattung dieser Zugang mit Schulgeräten sichergestellt werden.

Problem:
Ein Handyverbot senkt teilweise die Verfügbarkeit digitaler Medien auch für Unterrichtszwecke

Smartphones lassen sich auch sinnvoll im Unterricht einsetzen (Biblionetz:w01971). Insbesondere wenn keine schulische 1:1-Ausstattung verfügbar ist, senkt ein Handyverbot teilweise die Verfügbarkeit digitaler Medien auch für Lehr- und Lernzwecke. Schülerinnen und Schüler können nicht mehr rasch etwas im Internet nachschlagen, sich etwas übersetzen lassen etc.

Problem:
Ein Handyverbot in der Schule führt in gewissen Fällen zu einem kompletten Ignorieren des Digitalen

Genauso pauschal wie das Handyverbot geht oft die Meinung damit einher, damit auch gleich die Frage digitaler Medien in der Schule gelöst zu haben (im Sinne von: "Das Handyverbot zeigt ja, dass digitale Medien schlecht sind") Damit werden aber viele Potenziale digitaler Medien für Lehren und Lernen ignoriert. Zudem haben Schülerinnen und Schüler keine Gelegenheit, den sinnvollen Umgang mit digitalen Geräten zu erlernen (damit ist nicht alleine Anwendungskompetenz gemeint).

Gut zu wissen:
Oft werden Handyverbote von rechtskonservativen Regierungen gefordert

In jüngerer Vergangenheit wurden in verschiedenen Ländern Handyverbote in der Schule gefordert:

Meist werden solche Forderungen oder Ankündigungen nach einem Regierungswechsel hin zu rechtskonservativen Regierungen gefordert, die gleichzeitig auch andere, eher bewahrpädagogische Massnahmen einführen wollen:
  • Wiedereinführung von Disziplinarnoten
  • Schönschreibunterricht
  • Schuluniformen

Dies spricht nicht per se gegen ein Handyverbot in der Schule, zeigt aber, dass die Grundidee in solchen Fällen eher "Zurück zu Bewährtem" bzw. "Früher war alles besser" lautet. Entsprechend ist zu befürchten, dass keinerlei anderen Massnahmen eingeführt werden, um Schülerinnen und Schüler zeitgemäss auf das Leben in einer digitalisierten Welt vorzubereiten.

Gut zu wissen:
Oft zitierte staatliche Handyverbote in der Schule sind zum Teil gar keine

Medial wird oft von schulischen Handyverboten in einem ganzen Land berichtet. Bei genauerer Recherche zeigt sich oft, dass es sich entweder gar nicht um Verbote handelt oder aber diese den Einsatz im Unterricht nicht umfassen (z.B. Frankreich 2018).

Alternative:
Schülerinnen und Schülern beibringen, wie man Benachrichtigungen während der Schulzeit ausschaltet

Statt Smartphones in der Schule komplett zu verbieten, weil man keine Unterbrechungen durch Benachrichtigungen während des Unterrichts möchte, bestünde ja auch die Möglichkeit, Schülerinnen und Schülern zu erklären, wie sich Benachrichtigungen zeitgesteuert abschalten lassen und dies für die Schulzeiten auch so zu fordern. Dies wäre ein Beitrag zur Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern und sie könnten dieses Wissen auch zu Hause nutzen.

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  • Beat Döbeli Honegger
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