Schweden-Argument
Schweden war führend in der Integration des Digitalen in der Schule und macht jetzt eine Kehrtwende. Diese empirische Evidenz zeigt, dass wir das auch tun sollten.
Beispiele
In der Schweiz werden die Schülerinnen
und Schüler in mehreren
Kantonen ab der 5. Klasse mit
Tablets ausgerüstet, während
Länder wie Schweden und Finnland
auf die Bremse treten. Die
Skandinavier gehörten zu den
Vorreitern der Digitalisierung in
den Klassenzimmern, inzwischen
legen Forscher in beiden Ländern
aber den Rückwärtsgang ein: Es
gebe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse
dafür, dass die Digitalisierung
das Lernen fördern
würde. Im Gegenteil: Forschungsergebnisse
legten negative Auswirkungen
auf den Wissenserwerb
nahe. Auch in der Schweiz
mehren sich kritische Stimmen.
Nadja Pastega in der
Sonntagszeitung vom 10.12.2023 (
Biblionetz:t30969)
Gegenargumente / Diskussion
- Die Entwicklung in Schweden geschah als Folge eines Regierungswechsels und ist ein politischer Entscheid, keine wissenschaftliche Evidenz
Die Kehrtwende bei der Digitalisierung in den schwedischen Schulen ist mindestens zum Teil politisch motiviert. In der jüngeren Vergangenheit ist Schule ein Spielball der Politik und die aktuelle rechtsbürgerliche Regierung hat mit der plakativen Abkehr von der Digitalisierung auch ein politisches Zeichen setzen wollen. Dass gleichzeitig wieder Disziplinnoten und Schönschreibunterricht eingeführt wird, zeigt deutlich, dass es (auch) um ein politisches Zeichen im Sinne von "Zurück zu traditionellen Werten" geht.
Schweden ist damit nicht alleine, auch andere rechtskonservative Regierungen handeln ähnlich (siehe Biblionetz:a01541).
- Bei der oft zitierten Publikation des Karolinksa-Instituts handelt es sich um eine Stellungnahme und keine Studie
Bei diesem Argument wird oft eine Stellungnahme des Schwedischen Karolinska Instituts zur geplanten Digitalisierungsinitiative für das schwedische Schulsystem erwähnt als wissenschaftliche Begründung für diesen Schritt. Dabei gilt es aber festzuhalten (mehr siehe hier):
- Es handelt sich um eine reine Stellungnahme ohne eigene Untersuchungen
- Die Publikation äussert sich zu einem konkretem Projekt in Schweden und nicht zu Digitalem in der Schule im Allgemeinen
- Unter den Autor:innen befinden sich keine Bildungs-Expert:innen.
- Schweden hat komplett auf gedruckte Schulbücher verzichtet - das spricht aber nicht generell gegen Digitales in der Schule.
Auf gewissen Schulstufen hat Schweden komplett auf gedruckte Schulbücher verzichtet, was in der Tat auch problematisch sein kann. Dieser Schritt wird jetzt rückgängig gemacht und es werden wieder Schulbücher eingeführt. Diese Tatsache lässt aber nicht den pauschalisierenden Schluss zu, dass Digitales in der Schule allgemein problematisch ist. Insbesondere zeugt es von einem seltsamen Verständnis von digitalen Medien in der Bildung, wenn man sie primär als Schulbuchersatz sieht und dann noch betont, dass das Lesen aus digitalen Schulbüchern schlechter sei als bei gedruckten Büchern.
- Schweden vergass Weiterbildung der Lehrkräfte - das spricht aber nicht generell gegen Digitales in der Schule.
Schweden hat in der letzten Digitalisierungsinitiative die Weiterbildung der Lehrkräfte vergessen (Quelle folgt) - was in der Tat problematisch (und unverständlich) ist. Diese Tatsache lässt aber nicht den pauschalisierenden Schluss zu, dass Digitales in der Schule allgemein problematisch ist.
Verwandtes
Nicht Schweden, aber Dänemark
wehrt sich bei LinkedIn gegen die medial verbreitete Aussage, Dänemark würde bei der Digitalisierung in der Schule zurückrudern:
Quellen / Literaturangaben
- Biblionetz:a01535 Literatur- und Zitatliste zur Aussage Schweden bremst bei der Digitalisierung in der Schule
- Biblionetz:a01541 Literatur- und Zitatliste zur Aussage Rechtskonservative Regierungen bremsen bei der Digitalisierung in der Schule
Diskussion